12 Fragen an Daniela Hillers
Katja Mitic hat mich eingeladen, meine Fragen an Frau Hillers zu richten. Das sind die Fragen.
Katja Mitic hat auf meine E-Mails reagiert. Sie hat 2 von 3 Fehlern in ihrem Begleittext korrigiert, leider bleibt noch einer. Frau Mitic hat mir auch mitgeteilt, dass Frau Hillers alle Aussagen in ihrem Interview mit Belege untermauern kann. Frau Hillers ist bereit, auf meine Kritikpunkte zu antworten. Hier ist die E-Mail, die ich gerade an Frau Mitic und Frau Hillers gesendet habe.
Falls ich eine Antwort bekomme, melde ich mich sofort!
Sehr geehrte Frau Mitic, sehr geehrte Frau Hillers,
ich freue mich, dass 2 von 3 Fehlern in Ihrem Begleittext (Frau Mitic) korrigiert wurden. Allerdings bleibt leider noch einer: „Der Deutsche Jens Söring saß in den USA für den Doppelmord an den Eltern seiner Ex-Freundin 33 Jahre im Gefängnis.“
Das stimmt nicht. Herr Söring wurde am 30. April 1986 in London, England festgenommen. Er hat gegen die Auslieferungsbegehren von Virginia 4 Jahre lang vor den britischen und europäischen Gerichten angekämpft. Schließlich erreichte er einen Teilerfolg am 7. Juni 1989: https://www.eugrz.info/PDF/EGMR4/EGMR04-27.pdf.
Während dieser Gerichtsprozesse blieb er in England inhaftiert. Erst am 12. Januar 1990 wurde er in die USA ausgeliefert: https://www.upi.com/Archives/1990/01/12/Former-Virginia-student-extradited-on-murder-charges/5006632120400/.
Herr Söring hat demnach nur 29 Jahre und 11 Monate in den USA im Gefängnis gesessen.
Wegen den anderen Punkten werde ich mich gerne an Frau Hillers wenden. Ich habe 12 fragliche Aussagen vom Interview herausgesucht und diese mit Quellen zitiert, die die Aussagen von Frau Hillers meines Erachtens in Frage stellen. Nach den Quellenangaben folgen zur jeweiligen Aussage Fragen an Frau Hillers. Insbesondere weil Frau Hillers die Arbeit von Terry Wright öffentlich in Frage gestellt hat, werde ich diesen Fragekatalog auf meinem Blog veröffentlichen. Ich bin gerne dazu bereit, alle Antworten von Frau Hillers ungekürzt dort zur Verfügung zu stellen, falls erwünscht. Sonst werde ich die Antworten lediglich umschreiben und kommentieren.
Aussage 1
„Er sei damals davon ausgegangen, dass Elizabeth für einen Drogentransport nach Charlottesville gefahren wäre, wo die beiden studiert haben.“
Diese Behauptung steht im Gegensatz zu Sörings eigenen Worten. Laut Söring musste Elizabeth Drogen am 30. März 1985 in Washington holen. Dann sollten Söring und Haysom die Drogen am nächsten Tag, den 31. März 1985, nach Charlottesville liefern.
Quellen:
Jens Söring, Nicht Schuldig! (2012), Kindle-Seite 83: „Ja, [Elizabeth] würde die Kurierfahrt [von Washington nach Charlottesville] machen müssen. Natürlich bestand ich darauf, sie zu begleiten, wenn sie die Ware des Dealers hier in Washington übernahm.“.
Mortal Thoughts, S. 62: “Of course I insisted that I accompany her when she went to pick up the shipment from the dealer in Washington.”)
Frage: Haben Sie Belege dafür, dass Sörings Aussagen über seine eigenen Erinnerungen falsch sind?
Aussage 2
„Söring stand den Haysom-Eltern aber nicht nah – er hatte sie nur einmal gesehen.“
Diese Behauptung (die Söring übrigens stets wiederholt), ist eine non-sequitur (unlogische Schlussfolgerung): Sörings Haltung gegenüber den Haysoms hing nicht nur davon ab, wie oft er sie getroffen hatte. Söring hasste die Haysoms aus zwei Gründen: Erstens weil er glaubte, Derek und Nancy Haysom hätten Elizabeth „schwer missbraucht und angegriffen“. Zweitens weil er davon ausging, dass die Haysoms die Beziehung zwischen Elizabeth und Jens missbilligten und sie beenden wollten. Hier lag Söring richtig. Da Söring Elizabeth wie eine „Göttin“ verehrte und sich kein Leben ohne Elizabeth vorstellen konnte, sah er die Haysoms als gefährliche Gegner. Söring hat seinen Hass und Groll gegenüber Nancy und Derek Haysom wiederholt ganz klar zum Ausdruck gebracht.
Quellen:
Expertgutachten von Dr. John Hamilton, 11. Dezember 1986 (hier abrufbar):
“Soering describes these discussions [of killing the Haysoms] as being pure fantasy on his part but having a purging effect on the feelings of anger towards the Haysoms engendered by Elizabeth's ‘horror stories’ of their treatment of her…
The realisation of how he had been ‘conned’ by Elizabeth into developing feelings of intense anger towards her parents and his consequent actions in killing them has led to his developing remorse for all that has happened, a knowledge that he has in addition ruined his own life and to suicidal ideation…”
Vernehmung mit dem Bonner Staatsanwalt Bernd König, 30. Dezember 1986 (hier abrufbar):
“I believe it is quite right that I hated the parents more and more, because I loved Elisabeth so incredibly. She was my everything. I can only very poorly describe what feeling I had for her. I would say that in the last month before this happened, there were talks, not very detailed, which arose from the feeling of hate.
….Violence was strange to my character, but I have hated these people also very much and these feelings of hate I have expressed in conversations through fantasy games, as for example one should put them into a car and push them down a hill. Something with a remote controlled bomb, burn down the house. During the last days I still remembered another thing. Something with a bath tub and piranhas. I remember that Elisabeth in fact called a pet shop in Washington and enquired about the fish. This was a reaction for me. I loved this girl.
I did believe her everything. I believed that the parents mistreated her terribly, abused and attacked her.”
Frage: Haben Sie Belege dafür, dass Sörings damalige Aussagen über seinen eigenen Geisteszustand falsch waren?
Aussage 3
„Ein damaliges FBI-Profil zum Fall hat zudem bestätigt, dass mindestens ein Täter den Opfern nah gestanden haben muss und zudem vermutlich weiblich war.“
Es wurde kein FBI-Profil gefunden, weil kein Profil verfasst wurde. FBI-Täterprofile werden nur auf Antrag verfasst. Im Rahmen des Antragsverfahren müssen örtliche Strafverfolgungsbehörden sehr detaillierte Fragebögen ausfüllen und einen förmlichen Amtshilfegesuch beim FBI einreichen. Daraufhin prüft das FBI, ob der Fall für das Verfassen eines Profils überhaupt geeignet ist.
Quellen:
Bedford County hat keinen Antrag beim FBI eingereicht. Wie Ricky Gardner bestätigte in dem Buch A Far, Far, Better Thing (S. 241) von Jens Söring und Bill Sizemore:
“Sie können [das Profil] nicht finden, weil es nie verfasst wurde. Und ich sage dir, warum ich weiß, dass es nie verfasst wurde. Wir sprachen darüber, [ein Amtshilfegesuch beim FBI einzureichen] aber es war eine Menge Papierkram... Es hätte drei Hochschulprofessoren benötigt, um die Fragebögen auszufüllen, die man machen musste ....”
Terry Wright, der jahrelang beim FBI-Hauptquartier in Quantico, Virginia gearbeitet hat, bestätigt diese Aussage: Das FBI ist dafür berühmt über alle Fälle akribisch Buch zu führen. Falls es ein Profil je gegeben hat, wäre es gefunden worden. Außerdem war Ed Sulzbach damals (in 1985) noch kein FBI-„Profiler“; er war lediglich ein FBI-Agent, der damit beauftragt war, Informationen vor Ort zu sammeln darüber, ob ein Fall möglicherweise für ein späteres Profilverfahren geeignet sein könnte - falls die örtliche Strafverfolgungsbehörde sich dafür entscheidet, einen Antrag zu stellen.
Der einzige Hinweis auf ein FBI-Profil war ein anonyme Telex-Fernschreiben aus dem Jahr 1985, wie ich hier schon 2020 erklärt habe. Die ganze Frage ist eigentlich nebensächlich, weil FBI-Profile nicht juristisch verwertbar sind.
Fragen: 1. Haben Sie Beweise, außer dem Telex von 1985 und die Behauptung von Chuck Reid, dass die Existenz eines FBI-Profils bestätigt?
2. Beschuldigen Sie Terry Wright und Ricky Gardner der Lüge, als sie die Existenz des FBI-Profils bestritten?
Aussage 4
„Zudem hätte niemand so einen brutalen Mord begehen können, ohne wenigstens irgendeine DNA-Probe zu hinterlassen. Das ist schlicht technisch unmöglich.“
Das stimmt nicht. Die Proben wurden 1985 – also lange vor der Entwicklung der forensischen DNA-Analyse – gesammelt und nicht fachkundig aufbewahrt. Selbst bei neueren Kriminalfällen hängt die Anwesenheit von brauchbaren DNA-Spuren an einem Tatort von zahlreichen Faktoren ab: Luftfeuchtigkeit, die Beschaffenheit von Oberflächen, Säuberungsversuche, Mischspuren, Vermischung mir Chemikalien wie Bleichmittel oder Luminol, Witterungseinflüssen, usw. Daher kommt es sehr oft vor, dass am Tatort keine Täter-DNA gefunden wird.
Quellen:
„The proportion of all reported crimes that produced DNA was 2.4%. About 63.5% homicides, 13.3% domestic burglaries, 11.3% theft of vehicles, and 7.8% rapes yielded DNA. Overall, only 1.8% of all crimes produced DNA that was analyzed by forensic scientists and only 0.5% of all crimes yielded DNA that was loaded in the NDNAD (Wiles, 2017). When broken down by the common DNA-related crime types, 8.4% of homicides, 1.4% domestic burglaries, 0.9% theft of vehicles, and 0.6% rapes had DNA linked to case outcomes (Wiles, 2017).“
https://wires.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/wfs2.1414
„However, many factors impact the ability to obtain results including the type and amount of biological material transferred (i.e. "touch" DNA generally transfers less cells than fluids), exposure to environmental or other factors that can degrade DNA, and time between when the DNA was deposited and when it was tested.“
„According to this study, between 1996 and 2003 for about 55% of homicide cases in Manhattan DNA was not a relevant factor (DNA-CMD-1). Of cases where DNA evidence was used (DNA-CMD-3 & DNA-CMD-4) 45% of the time only the victim's DNA was found or there was not enough DNA for analysis (table 1). Only 15% of the time there was a link between the DNA and a known suspect.“
Frage: Haben Sie anderslautende Quellen von vergleichbarer Qualität?
Aussage 5
„Wright…befasst sich eigentlich mit dem Scheckbetrug von Haysom und Söring.“
Terry Wright war einer der Schlüsselfiguren im Fall Söring; ohne seine Arbeit wäre der Fall vermutlich ungelöst geblieben. Ob er den Tatort besucht hatte oder nicht ist nicht besonders relevant. Außerdem haben Ricky Gardner und zahlreiche anderen Beamter den Tatort besucht, und sind alle nach wie vor von der Schuld Sörings überzeugt. Chuck Reid bildet hier die einzige Ausnahme.
Nach akribischer Ermittlungsarbeit hat Terry Wright den Zusammenhang zwischen Söring und Haysom und die Haysom-Morde als erster entdeckt. Chuck Reid dagegen war nicht dabei, als Jens Söring seine Geständnisse ablegte. Reid hatte zu dieser Zeit das Bedford County Sheriff’s Department bereits verlassen und arbeitete danach für eine Speditionsfirma.
Terry Wright dagegen nahm Sörings Geständnisse entgegen und sagte in beiden Prozessen aus. Er ist viermal nach Virginia gereist - zuletzt 2023 im Rahmen der NDR-Dokumentation Mord, Macht, Medien - um den Fall zu recherchieren und vor Gericht auszusagen.
Frage: Glauben Sie, dass Ihre Aussage die Rolle Terry Wrights im Fall Söring richtig charakterisiert? Warum?
Aussage 6
„Wenn Söring einen Antrag stellt, müsste er laut Gesetz versichern, dass die Beweismittelkette eingehalten wurde – was aber nicht der Fall ist. Würde er das trotzdem tun, würde er einen Meineid leisten, sich also strafbar machen.“
Nur Bedford County Sheriff Wes Nance ist befugt, eventuell gegen Söring Anklage wegen Meineids zu erheben. Nance hat aber schon mehrmals öffentlich ausdrücklich bestätigt, dass Söring 1.) einen Antrag auf DNA-Tests derart formulieren kann, dass der Verdacht des Meineids dadurch nicht entstehen würde; und 2.) dass er Söring auf keinen Fall anklagen werden würde, falls Söring einen Antrag einreicht. Nance hat auch öffentlich bestätigt, dass er Sörings Antrag nicht anfechten würde; für Nance ist es in Ordnung, wenn ein Richter frei darüber entscheidet.
Quellen:
“[CBS-Journalistin Nikki Battiste] So if Jens or his attorneys filed the petition and said: We can’t prove chain of custody he could protect himself from that concern of perjury charge. …
[Nance]: Correct, that would be an accurate filing.
[Battiste]: If Söring did file a petition, Nance says he would leave the decision to a Bedford County Judge.
[Nance]: I don’t see this as a ‚gotcha‘ moment against Mr. Söring.”
(Spielzeit 5:00)
“[Moderatorin]: [Söring] bezieht sich auf ein Gesetz, dass es ihm unmöglich mache, den Antrag einzureichen. Denn es verlange, dass der Antragsteller durch neue Tests seine Unschuld zweifelsfrei beweisen könne. Zudem muss er garantieren, dass die Proben nicht kontaminiert seien. Verstoße er gegen diese Regeln, drohten ihm rechtlich Konsequenzen.
Virginia Journalistin Courteney Stuart: „Das ist einfach nicht wahr. Das ist gelogen. Wir haben mit Anwälten hier in Virginia, hier in Charlottesville gesprochen und die haben gesagt, dass solche Anträgen gestellt werden können. Eine örtliche Staatsanwältin hat gesagt, dass sie einen solchen Antrag gestellt habe. Und sie hat gesagt, dass auch der Anwalt von Jens an dem Antrag beteiligt war. Wir wissen also, dass es geht.“
Jens Söring: Mord, Macht, Medien, Teil III, „Der Kampf um die Wahrheit“, Spielzeit 32:31.
Wie Stuarts Kommentar vermuten lässt, ist die Praxis der Gerichte in Virginia bei der Anwendung des DNA-Test-Gesetzes sehr großzügig. In dem Fall „In Re Brown“, 810 S.E.2d 444 (2018), zum Beispiel hat ein Bezirksgericht neue DNA-Tests angeordnet. Die Proben in diesem Fall wurden im Jahr 1969 genommen und sind dann in einem nicht gesicherten Labor an der Universität von Virginia jahrzehntelang aufbewahrt worden.
Fragen: 1. Haben Sie unparteiische Rechtsanwälte gefragt, ob die Einreichung eines Antrags bei der Konstellation im Fall Söring tatsächlich zu einer Anklage wegen Meineids führen würde?
2. Beschuldigen Sie den Bezirksstaatsanwalt von Bedford County, Wes Nance, der Lüge?
Aussage 7
„Es wird etwa oft gesagt, Haysom und Söring seien direkt nach der Tat auf der Flucht gewesen. Das klingt so, sie hätten sie überstürzt das Land verlassen. Ist aber gar nicht so gewesen, sie haben beide noch ein halbes Jahr lang unbehelligt an der Uni weiterstudiert. ‚Fluchtartig‘ birgt halt mehr Sensation.“
Niemand hat je behauptet, dass Söring und Haysom direkt nach der Tat das Land verlassen hätten, weil dies offensichtlich nicht stimmt. Söring hat die USA fluchtartig verlassen, nachdem er am 6. Oktober 1985 vom Bedford County Sheriff’s Department um Blutproben, Fingerabdrücke und Fußabdrücke gebeten wurde. Er leerte seine Bankkonten, wischte seine Fingerabdrücke in seiner Wohnung und in seinem Auto weg und flog am 13.10.1985 völlig unerwartet und unvermittelt nach Brüssel.
Ich verfüge über ein Archiv von über 500 Quellen zum Fall Söring (Zeitungsberichte, Bücher, Dokumentationen, usw.) und habe keine Quelle gefunden, in der diese Behauptung vorkommt.
Frage: Können Sie mir wenigstens eine Quelle nennen („es wird oft gesagt“), die Ihre Aussage stützt?
Aussage 8
„Sehr oft wird auch berichtet, man habe überall am Tatort Sörings DNA gefunden.“
Ich verfüge über ein Archive von über 500 Quellen zum Fall Söring (Zeitungsberichte, Bücher, Dokumentationen, usw.) und habe keine Quelle gefunden, in der diese Behauptung vorkommt. Auch fragt sich, wie Söring mit seinen Unschuldsbeteuerungen so weit hätte kommen können, wenn seine DNA tatsächlich am Tatort gefunden worden wäre.
Frage: Können Sie mir wenigstens eine Quelle nennen („sehr oft wird auch berichtet“), die Ihre Aussage stützt?
Aussage 9
„Oder dass man sich Pseudowissenschaften, also „Junk Science Methode“, bedient hat, um einen angeblichen blutigen Sockenabdruck eindeutig Söring zuzuordnen.“
Der Richter hat ausdrücklich angeordnet, dass die Beweise diese Feststellung nicht zulassen. Dementsprechend erlaubte er nur die Formulierung, dass der Sockenabdruck „consistent with“ (vergleichbar mit) Sörings Fuß war. Das stimmt auch, wie Söring selbst in seinen Büchern bestätigt hat. Die Jury hörte gar keine Expertenmeinung zu dieser Frage.
In amerikanischen Strafverfahren gibt es einen Unterschied zwischen gewöhnlichen Zeugen (lay witnesses) und Experten (expert witnesses). Gewöhnliche Zeugen dürfen nur Sinneseindrücke schildern und Basisinformationen wiedergeben: „Der Wagen war rot“, „Die Frau hatte blonde Haare“, „Ich habe €200 für das Fahrrad ausgegeben“. Sie dürfen nur Meinungen wiedergeben, die auf derartigen Basisinformationen fußen („das Fahrrad war teuer“, „die Haare schienen mir gefärbt worden zu sein“); sie dürfen keine weiterführende Schlussfolgerungen von sich geben.
Experten dagegen dürfen ihre Meinungen zu wichtigen Sachverhalten vor der Jury vertreten: „Die Todesursache war ein Überdosis“; „der Autoreifen war falsch montiert“, „der Angeklagte litt unter einer Psychose“. In Virginia galt 1990 das Grundsatzurteil des US-amerikanischen Bezirksgericht für den District of Columbia von 1923, Frye v. United States (1923). Nach Frye darf ein Experte die eigene Meinung vor der Jury nur vertreten, wenn seine Aussage auf einer Methode basiert, die „allgemeine Akzeptanz in der relevanten wissenschaftlichen Disziplin erlangt hat“ (sufficiently established to have gained general acceptance in the particular field in which it belongs)“.
Bei Sörings Prozess gab es 3 verschiedene Anhörungen (in Abwesenheit der Jury) vor Richter Sweeney über die Frage, ob Robert Hallett als Experte aussagen dürfe. Sowohl der Staatsanwalt als auch die Verteidigung hielten lange Fachvorträge mit vielen Verweisen auf die Fachliteratur und die Rechtsprechung sowohl in Virginia als auch in anderen Bundesstaaten und auf der Bundesebene.
Nach dieser Grundsatzdebatte traf Richter Sweeney seine Entscheidung: Es gibt keine verlässlichen forensischen Kenntnisse über Fußabdrücke von Sockenträgern. Man kann solche Abdrücke nicht einer bestimmten Person zuordnen. Folglich durfte Robert Hallett nicht als Experte aussagen und vor der Jury nicht behaupten, der Fußabdruck sei von Jens Söring hinterlassen worden.
Richter Sweeney hat diese Feststellung mehrfach wiederholt (Hervorhebung hinzugefügt):
“THE COURT: All right, let the record show that the accused and counsel on the record are discussing matters pertaining to Mr Hallett's testimony out of the presence of the jury. Our ruling in the case was that Mr. Hallett could not give his opinion as to the causal connection between the sock print and Mr. Soering. I also said to defense counsel that I would likewise rule out any opinions of this particular witness; that he could testify as to the physical facts; that he could testify as to who he is and what he does, that he could show the jury the physical evidence that he has prepared; that he can place one exhibit over another and let the jury make up their minds as to whether they fit. But to be consistent with my ruling, I do not feel that he should be allowed to give any opinions which only an expert should give.
…
Clearly my main ruling was that he could not give the main conclusion which we all know about, that was the gravamen of my ruling…
Now I'm not going to let him testify as to his opinion on the sock print evidence simply because I feel that it has not been accepted to the extent that I am comfortable with it in Virginia…
All right, my ruling is that this witness may not state any opinions, he may not be asked any questions about his opinions….
THE COURT: Before you start, Mr. Hallett, I want you to state facts and not opinions, sir, you understand?
A Yes, sir, I do.”
Der von Ihnen eingesetzten Begriff „Junk Science“ bezieht sich auf Strafverfahren, in denen Zeugen fälschlicherweise als Experten anerkannt wurden und ihre Meinung vor der Jury vertreten durften.
Das trifft hier nachweislich nicht zu. Hallett wurde nicht als Experte anerkannt und durfte seine Meinung nicht vor der Jury vertreten.
Frage: Haben Sie eine anderslautende Quelle?
Aussage 10
„Es gibt Spuren am Tatort, die darauf hinweisen, dass mindestens zwei unbekannte Täter am Tatort waren, und es gibt forensische Beweise von Elizabeth Haysoms Anwesenheit am Tatort.“
Schon 2020 habe ich ausführlich erklärt, warum die DNA-Ergebnisse diese Schlussfolgerung nicht zulassen. Meine Analyse wurde ausdrücklich von Dr. rer. nat. Christa Augustin, Leitung Forensische Genetik, Universitätsklinik Hamburg, bestätigt. Auch bestätigen Prof. Dan Krane, Rechtsanwalt und Strafverteidiger BettyLayne Desportes, und selbst Sörings Experte Prof. J. Thomas McClintock, dass die DNA am Tatort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit allesamt von Derek Haysom stammte. Es gab keine fremde Männer am Tatort. Auch gab es keine Spuren, die Elizabeth Haysoms Anwesenheit während der Tat nachweisen. Es gibt Fingerabdrücke und Zigarettenkippen, weil Elizabeth während der Uni-Ferien in Loose Chippings wohnte und das Haus am Wochenende vor den Morden besuchte. Diese Indizien sind also irrelevant.
Fragen: 1. Welche Indizien sollen stichhaltig beweisen, dass 2 Männer am Tatort waren?
2. Falls die Indizien von der DNA-Analyse stammen, können Sie einen unparteiischen Experten zitieren, der der Überzeugung ist, dass die Beweislage im Fall Söring tatsächlich auf die Anwesenheit von 2 männlichen Tätern am Tatort hinweist?
Aussage 11
„Söring kannte sich in der Gegend allerdings gar nicht aus und hätte das Haus der Haysoms niemals sofort finden können, auch nicht mit einer auf eine Serviette gekritzelten Anleitung.“
Vor dem 30. März 1985 hat Söring Loose Chippings zweimal besucht und kannte sich gut in der Gegend aus.
Quellen:
”Q: Now had Jens ever been to your parents' home on Loose Chippings before the last weekend in March of 1985?
A: Yes, he had.
Q: On how many occasions?
A: Twice.”
(Source: Trial of Elizabeth Haysom, Testimony of Elizabeth Haysom, S. 410-411 in der .pdf).
Söring war in der Lage, selbst 15 Monate nach den Morden eine genaue Skizze der Lage von Loose Chippings zu verfassen. So sagte Ricky Gardner auf S. 113-117 des Prozessprotokolls vom 6. Juni 1990:
“I was really curious to see how Jens knew about those dumpsters” [Die Müllcontainer, in dem Söring seine blutige kleidung entsorgt hat]… and I asked -- I knew where they were, and I was just curious to see if he in fact knew where they were. So I asked [Söring] to draw me a little diagram on a piece of paper of the roads, and which he did, and they were quite accurate…. [H]e used a dot for Loose Chippings. He started at Loose Chippings, Holcomb Rock Road and came, and he had curves in the diagram that he drew for me, which it came like this. Right here he drew in Trents Ferry Road, which goes off of Holcomb Rock Road. And here he drew in the main road, which is 501. [Question] And is this accurate, the location from your own observations and familiarity with this location? [Answer] Yes, sir, it is accurate.”
Fragen: 1. Wie konnte Söring sich genau an die Lage von Loose Chippings erinnern, wenn er sich dort „gar nicht“ auskannte?
2. Beschuldigen Sie Ricky Gardner, einen Meineid geleistet zu haben?
Aussage 12
„Mit seinem Bericht hat [Terry Wright] aber viele Fragen aufgeworfen – und auch zahlreiche Falschaussagen zum Fall in die Welt gesetzt.“
Der einzige Fehler, den ich im Wright-Bericht feststellen konnte, betrifft den Eintrag im „Custody Log“ über der Telefonanruf von Keith Barker um 16:30 am 5. Juni 1986. Der Verfasser des Eintrags hat fälschlicherweise notiert, dass Barker mit Söring gesprochen hat. Im März 1990 aber sagte Kenneth Beever aus, dass er, nicht Söring diesen Anruf entgegennahm. Mit Terry Wrights Einwilligung habe ich schon im Januar 2022 einen Blog-Eintrag verfasst, der auf diesen Umstand hinweist.
Frage: Welche „Falschaussagen“ stehen Ihrer Meinung nach im Wright-Bericht?
Zu den 33 Jahren in US Haft kann ich dir die Antwort von Hillers schon geben, denn ich hatte ihr vor langem eine Mail dazu geschickt. Sie sagte, die Jahre in GB wurden von den USA auf seine Haftzeit angerechnet, deshalb gilt das als US Haft. 😉
Excellent!
I am very glad that you are standing up to Mrs Hillers with all your expertise. As always, proven, factual, unambiguous. In complete contrast to her, who usually remains very vague and imprecise.
I remember this sentence from Hillers:
„Es kann durchaus sein, dass Herr Söring ohne Trauma in Bezug auf die Tat durch seine damalige Freundin auf das Geschehen aus den 80ern blickt.“
Basically, she wants to whitewash him and bends grammatically in order to somehow remain legally clean.
I now really think the two of them are friends. There's no other explanation.