Offener Brief an die Juristische Gesellschaft Hannover
Jens Söring bekommt die uneingeschränkte Unterstützung der deutschen Justiz,, der Universität Hannover und des Bundespräsidenten a.D. Wulff. Es sei denn, jemand meldet sich...
Am 3. Dezember 2022 habe ich das unten stehendes Email an sehr viele Mitglieder des Vorstands bzw. des Beirats der Juristischen Studiengesellschaft Hannover geschickt — eine Institution, die unzertrennlich mit der Universität Hannover verbunden ist. Natürlich habe ich auch Herr Bundespräsident a.D. Christian Wulff angeschrieben, weil ich es für möglich halte, dass er eine treibende Kraft hinter diesem Auftritt von Söring sein könnte.
Erfreulicherweise habe ich seither sehr viele Rückmeldungen von den Adressaten bekommen. Sie versicherten mir, dass die viele Links in der Nachricht sehr hilfreich waren, dass sie sich intensiv mit den Hintergründen auseinandergesetzt haben, und dass sie tiefgründige Gespräche mit Dr. Guise-Rübe gehalten haben, um sich zu vergewissern, dass diese Verantaltung passend ist. Dabei waren sie zutiefst beeindrückt von dem tiefen Fallkenntnisse, die Dr. Guise-Rübe bei diesen Gesprächen an den Tag gelegt hat.
Leider leider ist das erfunden. Keiner von der Gesellschaft hat sich gemeldet. Anscheinend stehen alle unter einem Omertà-Eid. “Rede nicht mit ihm!” (siehe unten). Wie Reverend Lovejoy von Die Simpsons einmal gesagt hat: “Wendet eure Augen ab! Er könnte seine Gestalt verändern!”. Die Veranstaltung wird — nein muss! —stattfinden, komme was wolle!
Und num zum Brief, leicht bearbeitet:
Offener Brief
Sehr geehrte Vorstands- bzw. Beiratsmitglieder der Juristischen Studiengesellschaft Hannover, sehr geehrter Herr Bundespräsident a.D. Wulff,
Es handelt sich in diesem E-Mail um die anstehende Veranstaltung mit Jens Söring am 13.12.2022 („Gefängnisleben im amerikanischen Strafvollzug“ Ort: Landgericht Hannover, Volgersweg 65, Hannover). Die Entscheidung, Jens Söring in einem deutschen Gerichtssaal vortragen zu lassen – ohne objektive Einordnung oder Gegendarstellung – finde ich verfehlt. Ich hoffe, Ihnen mit dieser E-Mail überzeugen zu können, die Veranstaltung neu zu gestalten.
Vorweg ein paar Zitate:
„Als ich dort ankam, hatte dieser Wachhund, ein Schäferhund, tatsächlich, wie man so schön sagt auf Deutsch, eine Erektion. Später haben die Wächter uns erzählt, im Gefängnis drin, dass die Hundeführer das mit Absicht machen (macht Masturbationsgesten), denn sie wollen uns ein Signal senden, durch ihren Wachhund, wir sind so richtig richtig geil auf euch. Und deshalb stellen sie sicher, dass die Hunde eine (wieder Masturbationsgesten) Erektion haben.“ – Jens Söring, „Supermax Gefängnis“,
„Die Wärterinnen sind so schlecht bezahlt, dass die…ihre Körper an die Häftlinge verkaufen.“ Jens Söring, „Käufliche Liebe im Knast“.
Eine „afro-amerikanische“ Wärterin sah tatenlos zu, wie ein (schwarzer, wie Söring bemerkt) Häftling versucht, Söring zu vergewaltigen: „Ich erinnere mich richtig gut daran: sie leckte ihre Finger, und blätterte ihre Zeitung um…. Und wusste ich, ‚Jens, dir hilft keiner hier‘.“, Youtube, Spielzeit 14:55
Wer ist Jens Söring?
Jens Söring wurde 1966 als Sohn eines deutschen Diplomaten geboren. Er wuchs in Thailand, Zypern, Deutschland und den USA auf. 1984 wurde er in die University of Virginia in Charlottesville immatrikuliert, mit Vollstipendium. Dort lernte er Elizabeth Haysom kennen, die Tochter von Derek und Nancy Haysom, ein wohlhabendes Ehepaar, das in Lynchburg, Virginia lebte. Söring verliebte sich hoffnungslos in Elizabeth Haysom - er fühlte, als ob die beiden „eine Person“ wären. Elizabeth Haysoms Eltern aber fanden die Beziehung unpassend, und versuchten, ihre Tochter dazu zu überreden, Söring zu verlassen. Das machte Söring wütend. Auch hat Elizabeth Haysom Söring manipuliert, indem sie die Grausamkeit ihre Eltern beklagte und ihm gesagt hatte, dass sie sie „verachtete“ und gerne „aus dem Weg“ haben wollte.
Am 30 März besuchte Söring die Haysoms zuhause. Nach einem heftigen Verbalstreit stach Söring unvermittelt auf Derek und Nancy Haysom ein. Beide wehrten sich kräftig. Derek Haysom erlitt über 40 Messerstiche. Sein Kopf war beinahe von seinem Körper getrennt. Nancy Haysom wurde auch beinahe enthauptet. Söring hatte ein Messer 15 cm tief direkt in ihr Herz gerammt. Hier sind vom Gerichtsmediziner angefertigten Skizzen der Halswunden:
Als die Ermittler in Virginia Söring Jens Söring um Fingerabdrücke und eine Blutprobe baten, floh er am 13. Oktober 1985 überstürzt aus den USA – nachdem er seine Fingerabdrücke in seiner Wohnung und Auto entfernte. Er wurde in London im 1986 festgenommen, und hat englischen und amerikanischen Detektiven, zwei Psychiater, und dem damaligen deutschen Staatsanwalt von Bonn, Bernd König, ein volles Geständnis abgelegt. Diese Geständnisse enthalten reichlich Täterwissen. Erst 4 Jahre später, bei seinem Prozess in Virginia im Jahr 1990, “wiederrief” er seine Geständnisse und erzählte eine neue Geschichte: Elizabeth Haysom habe ihre eigenen Eltern erstochen, nicht er. Die Jury glaubte ihm nicht. Er bekam zwei lebenslangen Freiheitsstrafen. Sämtliche Revisions- bzw. Wiederaufnahmeverfahren scheiterten. November 2019 wurde Söring auf Bewährung freigelassen und nach Deutschland abgeschoben. Er darf die USA nie wieder betreten. Seitdem versucht Söring eine Karriere als Redner, Autor, und Coach in Deutschland aufzubauen. Bei jedem Auftritt reklamiert er seine Unschuld.
Die sechs Kinder von Derek und Nancy Haysom sind alle noch am Leben, und verfolgen Sörings Medienkampagne mit Empörung und Gram. Howard Haysom, seinerseits ein erfolgreicher Notfallchirurg, meint, dass Herr Söring "sich selbst in eine Heimindustrie der Lüge, der kriminellen Berühmtheit und des Bösen verwandelt [hat]." Die Familie Haysom wird sicherlich die Tatsache, dass Herr Söring ausgerechnet in einem deutschen Gerichtssaal vortragen wird, mit Entrüstung zur Kenntnis nehmen.
Wer bin ich?
Zunächst möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich dieses E-Mail auf meinem vielgelesenen Blog zum Fall Söring in den nächsten Tagen veröffentlichen werde. Falls die Veranstaltung mit Herrn Söring in dieser Form tatsächlich stattfindet, sollte es allgemein bekannt sein, dass die Leitung der Gesellschaft im Vorfeld Kenntnis von den unten dargestellten Fakten/Einwände hatte.
Ich möchte mich auch bei der Gesellschaft bedanken, dass die ursprüngliche Veranstaltungsankündigung, in der Söring als unschuldig bezeichnet hat, inzwischen korrigiert wurde. Schade nur, dass diese Richtigstellung nur auf Beschwerden hin unternommen wurde.
Zu meiner Person: Ich bin Andrew Hammel, US-amerikanischer Anwalt, Buchautor, Journalist, und Übersetzer. Ich bin Expert für die Todesstrafe und für rechtsvergleichendes Verfassungs- und Strafrecht. Von 1996 bis 2006 habe ich Menschen auf dem Todestrakt in Texas verteidigt. Ich bin auch womöglich der weltweit führende Expert für den Fall Jens Söring. Ich habe zahlreiche Reportagen zum Fall auf Deutsch und auf Englisch veröffentlicht, darunter in der FAZ, Übermedien, Quillette und der Berliner Zeitung. Ich habe auch Interviews zum Fall mit Deutschlandfunk, Bonner Anzeiger, Die Welt, dem Podcast „Das System Söring“, und Netflix geführt.
Ich vertritt da die Meinung, dass die Verurteilung von Herrn Söring rechtstaatlich erfolgte, und dass er schuldig ist. Das hat Herrn Söring anscheinend übelgenommen. Er beschwert sich über „Cancel Culture“, weil sich Menschen über seine Auftritte manchmal beschweren. Herr Söring hat aber nach Kräften versucht, mich zu „canceln“. So z.B. hat er gegenüber zwei amerikanischen Journalistinnen (Spielzeit 3:10) mich als einen „Troll“, der „verrückt“ und „besessen“ mit seinem Fall sei, und hat ihnen sogar einen Befehl erteilt: „Rede nicht mit ihm.“ (Das taten sie trotzdem, und fanden mich „intelligent“ und „vernünftig“. Schmeichelhaft!).
Aber damit nicht genug. Im Mai 2022 verklagte mich Söring wegen dieses Blog-Eintrags. Bei einer Anhörung am 3. Juni 2022 fand das OLG Frankfurt sämtliche von mir getätigten Aussagen zum Fall von Art. 5 GG gedeckt. Ich war selbstverständlich anwesend. Daraufhin entschied sich Söring, seine Klage zurückzunehmen. Eigentlich tat dies seine Anwälte; Söring selbst ist nicht vor dem Oberlandesgericht erscheinen, obwohl er das Verfahren eingeleitet hatte. Söring muss nun meine Anwaltskosten bezahlen. Obwohl Söring und seine Anhänger mich mehrmals öffentlich beleidigt haben (siehe oben), habe ich mich von einer Klageerhebung abgesehen.
Sörings Behauptung, Opfer der „Cancel Culture“ zu sein, ist also heuchlerisch.
Herr Söring hat sich nie öffentlich mit meinen Argumenten auseinandergesetzt, oder einen einzigen schwerwiegenden Fehler in meiner Beweisführung identifiziert.
Bei meinen Interviews mit deutschen Pressevertretern geht es aber nicht nur um die Beweise gegen Jens Söring, sondern auch um die Fähigkeit Sörings, Medienvertreter, Professoren, und Anwälte mit einer Mischung aus persönlicher Charme, den „korrekten“ bildungsbürgerlichen Habitus, vorgespielte (manchmal echte) Ehrlichkeit, und scheinbar vertretbare Argumente für sich zu gewinnen.
Offenbar ist dies leider wieder einmal passiert. Aus einem Artikel in der Hannover Freien Presse erfährt man, dass der 1. Vorsitzende der Juristischen Studiengesellschaft Hannover, Dr. Guise-Rübe, hält es anscheinend für unmöglich, dass Jens Söring zwei Menschen ermordet haben konnte, unter anderem weil Herr Söring aus gutem Hause stammt und heute einen netten, sanften Eindruck hinterlässt.
Söring ist derzeit in der Tat bemüht, sanftmütig und vernünftig zu wirken. Vielleicht ist er das auch. Das hat aber nichts mit der Tatsache zu tun, dass er am 30. März 1985 Derek und Nancy Haysom beinahe enthauptet hat. Ich habe mit zahlreichen Mördern in den Besucherzimmer von US-amerikanischen Gefängnissen geplaudert, und viele waren ausgesprochen nett. Aber trotzdem schuldig. Sörings Schuld wurde in einem rechtstaatlichen Prozess bewiesen – ein Prozess, der von dutzenden amerikanischen Richtern einstimmig für fehlerfrei befunden wurde.
So konstatierte z.B. das Bundesgericht für den 4. Bezirk der Vereinigten Staaten „die erdrückenden Beweise, dass [Söring] die Haysoms eigenhändig getötet hat“ („the overwhelming evidence that he personally killed the Haysoms.“). Soering v. Deeds, No. 99-6498, S. 8-9. Terry Wright, der Scotland-Yard Detektiv, die Sörings Geständnisse in London im Juni 1986 entgegengenommen hat, hat eine 450-seitigen Untersuchung zum Fall Söring veröffentlicht, die sämtliche Unschuldsbehauptungen Sörings widerlegt. Siegfried Stang, Kriminaldirektor a.D., hat neulich ein Buch auf Deutsch veröffentlicht („Nebelkerzen: Die Haysom-Morde und die Suche nach der Wahrheit“). Herr Stang hat stundenlang mit Söring gesprochen und fand Söring angenehme Gesellschaft. Stang ist aber trotzdem zu dem Schluss gekommen, dass Söring eindeutig schuldig ist: Sörings voluminöse, minutiöse Geständnisse enthalten zahlreiche Informationen, die nur der Mörder hätte erlangen können. Stang bemerkt, dass ein Kriminalist weiß, dass „man Mörder nicht unbedingt an ihrem Aussehen oder Auftreten erkennen kann.“ (Kindle S. 750).
In der deutschen Medienlandschaft ist es mittlerweile allgemein bekannt geworden, dass Sörings Unschuldsbehauptungen haltlos sind. So z.B. hat der Fernsehsender ProSieben ein Video-Feature über Jens Söring, in dem er als unschuldig dargestellt wurde, aus dem Internet entfernt und entschuldigte sich für den Beitrag: „Es war ein klarer handwerklicher, journalistischer Fehler, Jens Söring in dem Beitrag als unschuldig zu bezeichnen.“ (Übermedien, „Die erstaunliche Medienkarriere des verurteilten Doppelmörders Jens Söring“). Im Podcast „Das System Söring“ (die mehr als 1.000.000-mal heruntergeladen worden ist) erzählt eine von Sörings engster Vertrauten, wie es ihr im Laufe der Zeit klar wurde, dass Söring schuldig ist und dass seine Medienkampagne teils auf bewusste Falschdarstellungen beruhte. Sie wollte nicht beim vollen Namen genannt werden, weil sie Angst vor Söring hat. Als Vergeltung hat Söring sie als „Verräterin“ in seinem 2021 erschienenen Buch „Rückkehr ins Leben“ (S. 212) beschimpft.
Es ist beunruhigend, dass die Juristische Gesellschaft Hannover diese sehr öffentliche Entwicklungen anscheinend nicht zur Kenntnis genommen hat. Wie sonst kann man erklären, dass Söring in der ursprünglichen Veranstaltungsankündigung als unschuldig dargestellt wurde? Weiß die Gesellschaft besser über diesen Fall Bescheid als die Geschworenen, der Prozessrichter, die Revisions- bzw. Wiederaufnahmerichter, die Staatsanwälte aus Bonn und Virginia, die Detektive, und eine von Sörings engster Vertrauten?
Herr Söring ist also ein verurteilter Betrüger und Doppelmörder. Auch hat er laut dem Prozessrichter und der Jury zweimal unter Eid gelogen (im März und Juni 1990). Er hat weder sich bei den Opfern entschuldigt noch Reue für seine Taten zum Ausdruck gebracht. Er lebt in einem Paralleluniversum, in dem die zierliche Elizabeth Haysom ihre eigenen Eltern eigenhändig erstochen habe, und Söring aus „Liebe“ zu ihr die Schuld auf sich genommen habe. Fakt ist, dass Jens Söring eines der umstrittenen Menschen in Deutschland ist. Ich finde es unverantwortlich, ihn ohne objektive Einordnung und ohne jegliche Richtigstellung vortragen zu lassen, und ich bin auch nicht alleine. Wie im Folgenden dargestellt wird, sind auch Herr Sörings Aussagen über den US-amerikanischen Strafvollzug übertrieben, einseitig und nicht selten falsch.
Ist Jens Söring eine verlässliche Quelle über amerikanische Gefängnisse?
Leider nicht. Söring strebt nach wie vor, eine „mediale Begnadigung“ (wie er es formuliert), die ihm zu Recht von Virginia verwehrt wurde, zu bekommen. Diese Charaktereigenschaft ist ausführlich im Podcast „Das System Söring“ dokumentiert, vor allem auf der Grundlage von Sörings eigenen Worten. Bei diese Medienkampagne setzt Söring auf Argumente, die vor Jahrzehnten von US-amerikanischen Gerichten und Behörden akribisch geprüft und für haltlos befunden worden.
Aber nehmen wir mal an, dass Jens Söring am 13.12.2022 zum ersten Mal in seinem Leben ein Auftritt über „Gefängnisleben“ nicht spontan in ein Plädoyer für seine Unschuld umwandelt, und bleibt beim Thema Gefängnisleben. Einige seiner Behauptungen zu diesem Thema sind durchaus zutreffend. Die sind aber mit Falschdarstellungen und Übertreibungen vermischt. Beispiele:
Herr Söring behauptet immer wieder, dass in den USA „life means life“: d.h., fast alle, die wegen Mordes verurteilt werden, werden bis ihr Lebensende im Gefängnis sitzen und dort sterben. Das stimmt nicht: Wie das US-amerikanische Bureau of Justice Statistics festgestellt hat: „Personen, die wegen Mordes oder eines schweren Tötungsdelikts verurteilt wurden, verbüßten vor ihrer ersten Entlassung durchschnittlich 15 Jahre in einem bundesstaatlichen Gefängnis… Sechsundneunzig Prozent der entlassenen Gewaltverbrecher, die 2016 entlassen wurden - darunter 70 %, die wegen Mordes oder eines schweren Tötungsdelikts verurteilt wurden - saßen weniger als 20 Jahre vor der ersten Entlassung aus dem Gefängnis.“
Söring behauptet auch immer weiter, dass Resozialisierung keine Rolle in Gefängnissen in Virginia spiele, und dass Menschen dort einfach „gelagert“ (warehoused) werden würden. Auch das ist irreführend. Die „Mission Statement“ der Virginia Department of Corrections lautet wie folgt:
“The Virginia Department of Corrections (VADOC) is the largest state agency with more than 11,000 employees across the Commonwealth. We operate secure facilities and probation and parole offices to provide care and supervision for inmates under state custody. Virginia currently has the nation's second-lowest recidivism rate at 22.3 percent.
Mission
We are in the business of helping people to be better by safely providing effective incarceration, supervision, and evidence-based re-entry services to inmates and supervisees.
Vision
A premier correctional organization where all individuals achieve their full potential.
Values
Citizenship. Commitment. Communication. Ethics. Honesty. Learning. Safety. Support.”
§ 53.1-32.2 des Gesetzbuches von Virginia heißt: „Resozialisierungspläne“ („Reentry planning“):
“Die Abteilung entwickelt und implementiert in Zusammenarbeit mit dem Gefangenen und unter Berücksichtigung seiner individuellen Bedürfnisse und seiner Bereitschaft zur Mitarbeit einen umfassenden Wiedereingliederungsplan für jede Person, die der Aufsicht der Abteilung unterstellt ist, und zwar so bald wie möglich unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Entlassungstermins des Gefangenen. Dieser Plan enthält Bildungs-, Berufs-, Therapie- und andere Programme, die erforderlich sind, um den Gefangenen auf einen erfolgreichen Übergang aus dem Gefängnis in die Gesellschaft nach seiner Entlassung vorzubereiten, und schließt, soweit möglich, die Vermittlung von Mentoren ein. Das Ministerium koordiniert alle Wiedereingliederungsprogramme, die vom Ministerium gemäß dem Wiedereingliederungsplan angeboten werden, mit allen anderen Wiedereingliederungs- oder anderen relevanten Programmen, die von öffentlichen oder privaten Organisationen oder Einrichtungen auf lokaler, staatlicher oder föderaler Ebene angeboten werden und die ebenfalls in den Plan aufgenommen wurden.”
Virginia ist also durchaus bemüht, Gefängnisinsassen zu resozialisieren. Und hat dabei eine Rückfallquote von 23,2% erzielt. Das ist laut einiger Studien möglicherweise sogar niedriger als die Rückfallquote in Deutschland (34%).
Söring sagt, dass es keine Ausbildungsangebote im Gefängnis gibt. Mitnichten: Die Gefängnis- bzw. Bewährungsaufsichtsbehörde von Virginia stellt Gefangenen buchstäblich Hunderte von Ausbildungsangebote bereit. Auch können Gefängnisinsassen in Virginia Hochschulabschlüsse erwerben: „Seit Januar 2014 haben Strafgefangene des Virginia Department of Corrections im Rahmen einer preisgekrönten College-Credit-Initiative mehr als 1.500 Kurse absolviert. Die Gefangenen in den Gefängnissen von Virginia haben in etwas mehr als zwei Jahren 8.983 College-Credits erworben.”
Auch behauptet Söring, dass es keine Therapieangebote im Gefängnis gibt. Wieder eine Übertreibung. Es gibt eine eigene Behörde, die unter anderem für Therapieangeboten in Gefängnisse verantwortlich ist: Die „Virginia Department of Behavioral Health and Developmental Services“. Diese Behörde hat ein Programmpapier für die therapeutische Behandlung von Gefängnisinsassen veröffentlich, „Mental Health Standards for Jails“.
Söring behauptet in einem YouTube-Video, dass er in Isolationshaft strafversetzt wurde, weil er ein Buch veröffentlicht habe, das kritische Äußerungen über die Zustände in amerikanischen Gefängnissen enthielt. Er liefert wie immer keine Beweise für diese besonders rufschädigende Behauptung, und sie ist mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auch falsch.
Wie in Deutschland genießen Gefängnisinsassen in den USA begrenzte, aber trotzdem wirkvolle Rechte auf Meinungsfreiheit. Anstaltsleiter dürfen keine Meinungsäußerungen von Häftlingen nur wegen deren Inhalt verbieten: Die Meinungsfreiheit von Gefängnisinsassen dürfen begrenzt werden, nur „so long as this restriction operates in a neutral fashion, without regard to the content of the expression.“ Pell v. Procunier, 417 U.S. 817 (1974), S. 828. Dementsprechend dürfen Anstaltsleiter Häftlinge nicht wegen geschützter Meinungsäußerungen bestrafen.
Es gibt stapelweise Bücher, Blogs, und Beiträge von amerikanischen Gefängnisinsassen, die die Zustände in Gefängnissen aufs Schärfste kritisieren. Beispiele gibt’s hier, hier, hier, hier, hier, und hier. Herr Söring hat selbst zwei derartige Bücher veröffentlicht: „An Expensive Way to Make Bad People Worse: An Essay on Prison Reform from an Insider’s Perspective“ und „Ein Tag im Leben des 179212“. Insgesamt hat Söring ca. 7 Bücher und unzählige Blog-Beiträge veröffentlicht, während er seine Freiheitsstrafe (die übrigens immer noch in Kraft ist) verbüßte. Auch dürfte Söring – wie im Podcast „Das System Söring“ belegt – beinahe täglich mit Unterstutzer aus dem Gefängnis telefonieren und mit ihnen E-Mails austauschen. US-amerikanische Gefangene genießen also umfangreiche Rechte auf Meinungsfreiheit und auf Kontakt mit der Außenwelt.
Da Söring den Grund seiner Versetzung nie geklärt hat, ist es eher wahrscheinlich, dass Söring nicht wegen seiner Meinung, sondern wegen eines Verstoßes gegen die Anstaltsregeln bestraft wurde. Söring hat ja öffentlich zugegeben, als „Kredithai“ hinter Gittern ein Zubrot verdient und Wächter bestochen zu haben. Auf jeden Fall ist die Behauptung, die Gefängnisleitung hätte ihn rechtwidrig und verfassungswidrig in die Isolationshaft strafversetzt eine schwere Diffamierung der Gefängnisleitung – und, in aller Wahrscheinlichkeit, eine weitere Falschdarstellung.
Söring hat schon mehrmals behauptet – unter anderem in vielen deutschen Fernsehprogramme – dass er keine Begnadigung erhalten habe, weil Virginia ihm sonst $ 1,4 Millionen in Haftentschädigung bezahlen müsste. Das wäre, so Söring, politisch untragbar gewesen, und deshalb hat Virginia ihm das Geld, das ihm zustehen würde, verwehrt. Auch diese Behauptung ist falsch. Herr Söring erhielt keine Begnadigung, weil die „jahrelange Suche nach der Wahrheit“, die von dem Bewährungsausschuss unternommen wurde, zu dem Ergebnis gekommen ist, dass alle seine Unschuldsbehauptungen „haltlos“ sind. Der Bundesstaat Virginia hat schon Millionen Dollar in Haftentschädigung ausgezahlt, und hat die Entschädigungssumme sogar unlängst erhöht. Diese Bezahlungen gehen aber an Gefangenen, die anders als Söring zu Unrecht hinter Gittern saßen.
Sörings Aussagen sind also in der Regel Übertreibungen, die ein falsches Bild von den Bedingungen in amerikanischen Gefängnissen liefern.
Natürlich gibt es sehr viel am US-amerikanischen Strafvollzug zu kritisieren, und Reformbestrebungen sind im Gange überall in den USA. Aber so drastisch und hoffnungslos ist die Lage schlicht und einfach nicht.
Es gibt aber noch mehr als pauschale Übertreibungen. Söring hat auch bizarre Fantasien über die Zustände in US-amerikanischen Gefängnissen verbreitet. So z.B. hat er in einem Tiktok-Video behauptet (wie immer ohne Beweise), dass Wächterinnen in Gefängnissen in Virginia sich prostituieren würden, indem sie Sex mit Gefängnisinsassen gegen Bargeld tauschen. Das machen sie, laut Söring, weil sie derart „miserabel“ bezahlt werden. JVA-Beamte („Corrections Officers“) verdienen derzeit €42.000 im Jahr mit einem €6.000 „Einstellungsbonus“. Das Durchschnittseinkommen in den USA beträgt $31.133 im Jahr.
Auch behauptet Söring, wie oben bemerkt, dass Wächter Wachthunde masturbieren wurden, damit die Hunde sexuell erregt und daher aggressiver wirken werden. Wie immer liefert Herr Söring keine Beweise für dieses schlüpfrige Anekdötchen. Vielleicht hatte Söring einen Witz missverstanden.
Fazit: Jens Söring schildert amerikanische Gefängnisse als Orte der beispiellosen Grausamkeit, Repression, Verwahrlosung und Korruption. Der Anstaltsleitung ist Resozialisierung, Ausbildung oder Therapie egal. Zoophile Wärter masturbieren Hunde, um Häftlinge zu terrorisieren. Weibliche Wärterinnen prostituieren sich, um Armut zu entkommen. Schwarze Gefangene – öfters nennt Söring die Hautfarbe der gefährlichen Mitgefangenen und der gefühllosen Wächter – machen regelrechte Jagd auf weiße Häftlinge. Kein Wunder also, dass viele Kommentare unter Sörings YouTube-Videos die Zustände in amerikanischen Gefängnissen aufs Schärfste anprangern. Manche ziehen Vergleiche mit Gulags oder sogar dem Dritten Reich.
Man fragt sich, wie Söring diese vermeintliche Hölle auf Erde gesund und unversehrt überlebte. Die Antwort liegt auf der Hand: Sörings Darstellung ist ein Gruselmärchen, die aus Bitterkeit und Groll entstanden ist. Was sonst würde man eigentlich von einem Gefangenen erwarten? Schließlich geht ja kein Mensch freiwillig ins Gefängnis. Ich kenne Ex-Cons, sowohl in den USA also auch in Deutschland, und habe die Erfahrung machen können, dass die fast ausnahmslos eine starke Abneigung gegenüber Gefängnissen hegen.
Das ist verständlich. Ein Gerichtssaal ist aber ein Ort für Ausgewogenheit, Seriosität und Objektivität. Der Vortrag von Herrn Söring wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegen alle diese Prinzipien verstoßen. Die Veranstaltung in dieser Form durchzuführen ist daher meines Erachtens der deutschen Justiz und einer deutschen Universität schlicht und einfach unwürdig. Sie wird auch den Ruf dieser Institutionen dauerhaft beeinträchtigen: Es ist zu erwarten, dass Herr Söring diese Veranstaltung als eine Imprimatur für seine Medienkampagne auf seiner professionell gestalteten Webseite darstellen wird.
Deshalb bitte ich Sie, die Veranstaltung in dieser Form nicht durchzuführen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Herr Söring hat das Recht, seine Meinungen zu verbreiten (aber nicht unbedingt in einem Gerichtssaal). Ich habe nie versucht, ihn vor Gericht zu ziehen. Er soll seine Meinungen verbreiten dürfen. Aber nicht ohne objektive Einordnung und Kritik.
Daher bin ich gerne bereit, auf eigene Kosten nach Hannover zu reisen, um eine kurze, aber fundierte Gegendarstellung zu liefern – eine Gegendarstellung, die auf wissenschaftliche Studien, Augenzeugenberichten, und objektive Fallanalysen beruht. Ich möchte auch betonen, dass meine Gegendarstellung auf keinen Fall eine Lobrede auf amerikanische Vollzugsanstalten sein wird. Es gibt sehr viel Reformbedarf in diesem Bereich in den USA (genau wie in Deutschland), und viele Zustände in amerikanischen Gefängnissen sind in der Tat unzureichend, ja bedauerlich. Deshalb werde ich auch die Reformbestrebungen, die ja überall in den USA im Gange sind, auch kurz schildern.
Durch meine Teilnahme (oder die eines anderen Experten) können etwaige Falschdarstellungen von Herrn Söring korrigiert werden. Ich werde sowieso sehr wahrscheinlich der Veranstaltung beiwohnen. Ich werde sie in keiner Weise stören, aber ich werde eine kurze Pressekonferenz vor bzw. nach der Veranstaltung halten, Flugblätter mit verlässlichen Informationen über die US-amerikanische Strafjustiz verteilen, und Herrn Söring höflich, aber pointierte, Fragen stellen. Wie oben dargestellt, ist es durchaus zu erwarten, dass Herr Söring den US-amerikanischen Strafvollzug angreifen wird, was sein gutes Recht ist. Es ist aber auch mein gutes Recht, das von ihm aufgestelltes Zerrbild zurecht zu rücken.
Falls Sie Fragen haben sollten oder mehr Informationen wollen, stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung. Ich verfüge über ein umfangreiches Archiv zum Fall Söring und bin gerne bereit, jegliche Behauptung in diesem E-Mail zu belegen.
Meine Kontaktdaten stehen unten. Bitte zögern Sie nicht, mich jederzeit zu kontaktieren. Ich hoffe, dass ich Ihnen überzeugt haben, die Veranstaltung neu zu gestalten, und bin gerne bereit, dabei so hilfreich wie möglich zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Andrew Hammel
Ich denke, Herr Söring wird eingeladen, weil die gesamte Geschichte schon so lange als eine Story mit Gruselfaktor inszeniert wird, dass alle Beteiligten auf ihre Kosten kommen: Die Zuhörer*innen können sich angenehm gruseln, im TV läuft jeden Abend viel Schlimmeres, und letztlich interessiert sich keiner dafür, aufwendig herauszufinden, was die Wahrheit ist.
Herr Söring wird vorsichtig sein mit seinen Behauptungen, vermute ich, und über die Bedingungen in der Haft in der USA kann er ja unstrittig etwas sagen.
Ich habe mich durch den Wright-Bericht gekämpft, den System-Söring-Podcast vollständig gehört und früher auch die Informationen von Herrn Söring selbst im Internet gelesen - und ihm lange Zeit die Geschichte von seiner Unschuld geglaubt, doch irgendwas ließ mich immer zweifeln. So wurde ich schließlich keiner seiner Unterstützer. Etwas passte nicht.
Am Ende des Tages habe ich aber wirklich viel Zeit mit seiner Geschichte verbracht, so, wie Sie das auch tun - ganz berechtigt. Ich glaube aber nicht, dass viele Interessierte das tatsächlich tun. SO interessiert sind sie dann auch wieder nicht.
Und so wird dieser Abend in Hannover als kleiner Event mit Gruselfaktor vorbeigehen einerseits, Herr Söring wird diesen Abend auf seiner Website in sein Marketing einbauen andererseits, man kann es sich durchaus vorstellen. Wie sagte er selbst - er will mit den Medien sein Geld verdienen. Weil er sonst nichts kann.
Möglicherweise taucht er irgendwann bei Big Brother auf. Oder so ähnlich. (Satire aus)
Für die Familie Haysom tut es mir sehr leid, wenn sie erfahren, das Herr Söring sich selbst und seine Unschulds-Story hier teilweise kritiklos vermarkten kann. Nun ja - so ganz kritiklos dann eben doch nicht.
Dafür sorgen nicht zuletzt Sie, und das machen Sie sehr gut, sehr sachlich, sehr pointiert und höflich. Es kostet nur sehr viel Zeit, das nachzuvollziehen, und ich glaube, so viel Interesse besteht letztlich auch nicht an ihm.
Und eines bleibt klar: Er ist als Mörder von Derek und Nancy Haysom überführt und nach den Regeln eines Rechtsstaates verurteilt. Und er war sehr lange in Haft. Länger als er es in Deutschland gewesen wäre, das ist vermutlich richtig.
Elizabeth Haysom, das finde ich auch ganz bemerkenswert, hat sehr wohl einen Abschluss und auch eine Ausbildung in der Haft erworben - so steht es in einem Statement von ihr selbst - d.h. es ist sehr wohl möglich.
Zu Zeiten der RAF war es in Deutschland so, dass die Inhaftierten sich sehr laut, sehr intensiv und sehr häufig darüber beschwerten, in Isolationshaft zu sein, dementsprechend gefoltert zu werden. Dafür haben sie sich aber doch sehr oft gemeldet, hatten viele Anwält*innen, hatten viele Bücher, wurden in einer von ihnen gewünschten Gruppierung gemeinsam untergebracht und konnten kommunizieren. Trotzdem ist damals auch nur sehr wenigen aufgefallen, dass die Darstellung so nicht stimmen konnte. Wir sind in Deutschland - wie vermutlich überall - immer gerne auf einem Auge blind. Wahrscheinlich ist das menschlich.
Ich wünsche Ihnen viel Gelassenheit in Hannover!
Hallo Herr Hammel,
als ehemaliger Häftling in den USA denke ich, dass es erforderlich ist erst einmal eine breitere Einleitung zu machen. Es gibt nicht "Das Gefängnissystem" der USA. Es fängt damit an, dass der Amerikaner 2 Worte für Gefängnis hat: Jail und Prison und diese beiden auch stark unterscheidet.
Es gibt 3 parallele Systeme
1. Das County Jail, das dem lokalem Sherriff gehört. Dort sitzen Leute Ihre meist sehr kurzen Strafen für z.B. alkoholisiertes Autofahren, häusliche Gewalt oder kleine Drogendelikte ab
2. Das State Prison. Jeder der 50 Bundesstaaten hat sein eigenes Gerichts- und Gefängnissystem. In einem solchen Gefängnis saß Jens Söring. Diese Gefängnisse unterscheiden sich sehr stark untereinander. Nachdem ich die Bücher von Jens Söring gelesen hatte, habe ich unter meinen Mitgefangenen jemanden gesucht, der auch im Commonwealth of Virgina inhaftiert war um seine Aussagen verifizieren zu können. Leider habe ich niemanden gefunden, sondern nur Leute die irgendwas von jemandem gehört haben. (dies entspricht auch ungefähr dem deutschen System, wo die Justiz in Verantwortung der Bundesländer ist und es ja auch Unterschiede in der Rechtssprechung im Bezug auf Strafmaße zwischen Bayern und Bremen gibt)
3. Das Federal Prison in dem Gefangene sitzen, die gegen Bundesgesetze verstoßen haben. Die Strafverfolgung erfolgt hier über die Bundesbehörden. In einem solchen Gefängnis in der Sicherheitsstufe "low" habe ich gesessen.
(On Top gibt es dann noch das Militärstrafrecht, aber meist müssen diese gefangenen Ihre längeren Strafen in den Bundesgefängnissen absitzen)
Alle Gefangenen, die ich kennengelernt habe, die in einem State Prison (hauptsächlich Michigan und Minnesota) gesessen haben, haben dies einem Federal Prison vorgezogen, da die Freiheiten (bei vergleichbarer Sicherheitsstufe) im State Prison für den Gefangenen größer waren (Fernseher in der Zelle, Arbeitsangebot und Freizeitangebot)
Bundesgefangene, die in Detroit verurteilt werden, verbringen die Tage um diese Verurteilung im Wayne County Jail Detention Center. Dort habe ich es zwar nicht erlebt, dass sich Wärter prostituiert haben, aber gegen Bezahlung konnte man sich die Handys der Wärter ausleihen.
Ich kenne die Regularien in Virgina nicht, aber im Federal Prison war es so, daß ich als Ausländer nicht an dem Bildungsangebot teilhaben durfte. Ich wollte einige Universitätskurse in gehobener Mathematik mit befreundeten Gefangenen besuchen. Mir wurde dieser Besuch aufgrund meiner nicht vorhandenen amerikanischen Staatsbürgerschaft verweigert. Nicht mal als Gasthörer durfte ich teilnehmen. Der Hintergrund ist klar: Fördergelder gibt es für solche Kurse nur für Amerikaner, für Ausländer gibt es nur die Mittlere Reife und "English as a second Language" als geförderte Programme. Eventuell galten für Herrn Söring auch solche Restriktionen in Virgina, was seine Aussagen erklären aber nicht relativieren würde.
Zu der Aussage "Life means Life" kann man auch keine generelle Stellungnahme geben, da dies wieder von Bundesstaat zu Bundesstaat und zum Federal Prison anders sein wird. Für das Federal System gilt nach der Strafrechtsreform von 1984 oder 1986 Life means Life, die Möglichkeiten auf Parole Hearings wurde komplett für Bundesgefangene gestrichen. Für Militärgefangene Anfang der 2000er. Mein bester Freund im Gefängnis war ein in den 90er Jahren nach Militärrecht verurteilter Mörder. Er beteuert seine Unschuld und zeigt deswegen natürlich in seinen gesamten Parolhearings nicht die gewünschte Reue. Deswegen wird auch für ihn Life means Life gelten, es sei denn es gelingt ihm die Beweise für seine Unschuld zu produzieren, die im Verfahren nicht auffindbar waren. Warum schreibe ich das ? Wer in ein Parol Hearing mit der Aussage "Ich bin unschuldig" geht, wird nicht das gewünschte Ergebnis erzielen.
Mir wird oft die Frage nach dem Vergleich der Gefängnisse in Deutschland und den USA gestellt und da würde ich mir wünschen, dass Herr Söring auch vor seiner Entlassung wie ich ein paar Monate im deutschen Gefängnis verbracht hätte. Ich antworte auf diese Frage meist mit einer Gegenfrage: Haben Sie den Hauptmann von Köpenik mit Heinz Rühmann gesehen und können Sich an die Szene mit dem Freigang auf dem Hof erinnern. Viel hat sich leider nicht geändert ..... (diese Aussage kam auch bei der Gefängnisleitung der JVA Uelzen nicht gut an). Freistunde ist immer noch eine Stunde am Tag und man kann auf dem kleinen Gefängnishof im Kreis laufen. Heute darf man nebeneinander laufen und sich unterhalten und muss nicht mehr Bautzener Polonaise tanzen. Und wer nicht arbeitet wird meist in seine Zelle weggeschlossen. In dem Bundesgefängnis in dem ich in den USA saß wurde morgens um 6 das Hafthaus aufgeschlossen und abends um 8:45 wieder zu. Dazwischen (bis auf ein paar Ausnahmen zum Essen und Gefangenenzählen) konnte man sich auf dem Freigelände bewegen wie man wollte. Das Freigelände hatte einen großen Aufenthaltsraum mit Billardtischen, Fernsehern, DVD Stationen, einem Bandraum und einer Leder- und Töpferwerkstatt. Für den Sport gab es die obligatorsche Weight Pit, ein Baseballfeld, ein Footballfeld, eine 600m Laufstrecke, 2 Volleyballfelder, 2 Basketballfelder, 2 Tennisplätze, 4 Racquetballfelder und vieles mehr (Boccia, Horseshoe usw.)
Alternativ konnte man sich natürlich auch eine Arbeit suchen und Geld verdienen. Für die Kommunikation mit Familien, Freunden und Anwälte standen einem Telefone und ein Email Account zur Verfügung.
Da Hannover ja für mich um die Ecke ist, werde ich da nächsten Dienstag mal vorbeigucken und das Spektakel auf mich wirken lassen.
Oliver Schmidt