Mein Brief an die Juristische Studiengesellschaft Hannover
Höflich aber pointiert war mein Ziel.
Sehr geehrte Juristische Studiengesellschaft Hannover,
Ich bin Andrew Hammel, ein US-amerikanischer Jurist und Journalist, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt. Ich bin auch vielleicht der weltweit führende Kenner des Falls Jens Söring. Ich habe zahlreiche Reportagen zum Fall sowohl auf Englisch als auf Deutsch veröffentlicht, darunter in der FAZ, Übermedien, und der Berliner Zeitung.
Mit Verwunderung nehme ich zur Kenntnis, dass die Juristische Studiengesellschaft Hannover in einer Ankündigung Jens Söring als unschuldig beschrieben hat:
„Jens Söring wurde in den USA wegen Doppelmordes verurteilt und saß 33 Jahre in einem amerikanischen Gefängnis - für eine Tat, die er nicht begangen hat.“
Das stimmt leider nicht. Söring wurde in einem rechtstaatlichen Prozess von einer Jury für schuldig befunden. Sein Prozess wurde durch dutzende Fachrichter auf der bundesstaatlich- und Bundesebene geprüft, und einstimmig, von jedem Richter, für rechtstaatlich befunden. Das Bundesgericht des 4. Bezirks der Vereinigten Staaten sprach von den erdrückenden Beweisen, dass [Söring] die Haysoms persönlich getötet hatte (S. 8-9, „the overwhelming evidence that he personally killed the Haysoms“). Bei seiner Freilassung stellte der Bewährungsausschuss von Virginia nach einer „jahrelangen“ Suche nach der Wahrheit fest, dass Sörings Unschuldsbehauptungen allesamt haltlos sind.
Jens Söring ist also unzweideutig schuldig. Er hat Derek und Nancy Haysom eigenhändig erstochen, und beide beinahe enthauptet. Seine Geständnisse enthalten Informationen, die nur der Täter hätte erlangen können. Falls Sie sich davon überzeugen möchten, können Sie hier meine drei Artikel zum Fall in der FAZ herunterladen.
Auch finde ich es sehr fragwürdig, dass diese Veranstaltung ausgerechnet in einem deutschen Gerichtssaal stattfinden soll. Sie werden in den kommenden Tagen sicher viele Rückmeldungen über diese Veranstaltung aus ganz Deutschland und auch woanders bekommen. Niemand will Herrn Söring mundtot machen. Aber öffentliche Einrichtungen, die für Ausgewogenheit und Gerechtigkeit sorgen sollten -- wie Jura-Fakultäten und vor allem deutsche Gerichte – tragen eine besondere Verantwortung. Deshalb werden viele Menschen, darunter Richter, die Entscheidung, Herrn Söring ohne neutrale Moderation und kritische Nachprüfung seine irreführende Behauptungen verbreiten zu lassen, als äußerst fragwürdig erachten.
Ich werde aber zeitnahe eine Lösung vorschlagen, die für eine ausgewogene und vor allem aufschlussreiche Veranstaltung sorgen wird.
Inzwischen aber möchte ich Sie darum bitten, den Verweis auf die vermeintliche Unschuld von Jens Söring umgehend von der Veranstaltungsankündigung zu entfernen. Er ist nicht nur unstimmig, sondern auch eine Beleidigung der angehörigen der Opfer, die Sörings Auftritte akribisch verfolgen.
Falls Sie Rückfragen haben oder mehr Informationen brauchen, stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andrew Hammel, BA, J.D, LL.M (Harvard)
Ziel erreicht 👍.
Ich bin vollkommen sprachlos, wie unkritisch die Darstellung von Herrn Söring übernommen wird. Es ist ein Armutszeugnis für die Juristische Studiengesellschaft in Hannover.
Herr Söring kann sicher kenntnisreich über seine Erfahrungen mit 30 Jahren Haft in den USA berichten. Dass er aber die Tat nicht begangen hat, wird von ihm behauptet, sonst nichts - er ist auf Bewährung nach langer Strafhaft entlassen, nicht jedoch wegen erwiesener Unschuld.
Das Urteil ist in einem Rechtsstaat nach einem unbestritten fairen Prozess gefällt worden.
Seine Mittäterin hat das auch klaglos und als gerechtfertigt angenommen und die Strafe akzeptiert.
Diese völlig unkritische Darstellung ist wirklich ein arges Armutszeugnis für den Veranstalter!