Die “Diplomatische-Immunität” Lüge wird entlarvt von…Jens Söring
“Okay, das Außenministerium hat nun das Recht, mich schon wegen eines Strafzettels abzuschieben…. Leider ist die diplomatische Immunität etwas, das, wie Sie wissen, leider schon lange vorbei ist, schätze ich.” — Jens Söring, 6. Oktober 1985.
Anmerkung: Dieser Beitrag besteht, wie alle meine Beiträge zu diesem Thema, ausschließlich aus Meinungen und Kommentaren (mit Ausnahme konkreter Verweise auf öffentliche Quellen) bzw. aus fundierten Spekulationen über mögliche zukünftige Ereignisse, die eintreten können oder auch nicht. Das war schon immer der Fall und sollte natürlich selbstverständlich sein, aber angesichts des neuen „Tons“ in den öffentlichen Äußerungen von Team Söring wollte ich das deutlich machen.
Jetzt zum Beitrag:
Im Rahmen eines speziellen Forschungsprojekts habe ich neulich tief in meinem Archiv zum Fall Jens Söring gewühlt. Ich dachte, ich würde den Fall gut kennen, aber es stellte sich heraus, dass es in den öffentlichen Unterlagen Informationen gibt, über die selbst ich noch nicht gestolpert war bzw. die ich im Laufe der Jahre aus den Augen verloren hatte. In den nächsten Blog-Beiträgen werde ich einige von diesen Aspekten des Falls eingehend erörtern.
Beginnen wir mit dem Thema „diplomatische Immunität“.
Sörings Geschichte
Inzwischen kennen wir alle die Version von Jens Söring: Er gestand, um Elizabeth Haysom zu schützen, weil sie, wie er behauptet, ihre Eltern persönlich erstochen habe. Er glaubte, die Schuld für die Morde auf sich nehmen zu können, weil er der Sohn eines Diplomaten war und daher glaubte, diplomatische Immunität zu genießen. Wie er immer wieder sagt, hatte er einen speziellen Diplomatenpass und ein Visum usw.
Doch – in seiner Version – war sein Glaube ein tragischer Irrtum. Da Sörings Vater zum Zeitpunkt der Morde nur ein mittlerer Konsularbeamter (Vizekonsul in Detroit) war, genoss Söring de facto keine Immunität.
Hier erzählt Söring diese Geschichte im SWR “Leute” Interview mit Wolfgang Heim:
https://hammeltranslations.com/wp-content/uploads/2022/05/Soering-lying-about-immunity.mp4
Es gibt fatale Schwächen in Sörings Geschichte – unter anderem, dass seine Geständnisse keine Hinweise auf diplomatische Immunität enthalten, und dass die Detektive bei den Verhören im Juni 1986 Söring eindeutig klarmachten, dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach Virginia ausgeliefert werden würde.
Aber ich möchte mich auf das größte Problem konzentrieren:
Jens Söring bestätigte 1985 selbst, dass er wusste, dass er keine diplomatische Immunität hatte.
Das Interview vom 6. Oktober 1985
Wir schreiben den 6. Oktober 1985, fünf Monate nach den Morden. Die Ermittler Ricky Gardner und Chuck Reid haben Jens Söring zu einem Gespräch im Bedford County Sheriff’s Office eingeladen. Das Interview wurde mit Jens Sörings Erlaubnis aufgezeichnet, dann transkribiert und im Prozess gegen Jens Söring 1990 als Beweismittel vorgelegt. Wie wir wissen, räumte Söring eine Woche nach dem Interview seine Bankkonten, wischte seine Fingerabdrücke von seiner Wohnung und seinem Auto und begann seine internationale Flucht.
Die Beamten wollten wissen, warum sich Söring weigerte, der Polizei eine Blutprobe und Finger-und Fußabdrücke zu geben. Sörings Antworten sind ellenlang und ausschweifend und enthalten außerdem viele indiskrete Enthüllungen, auf die ich ggf. in späteren Blogbeiträgen eingehen werde.
Sörings Argumentation lief im Wesentlichen auf Folgendes hinaus: Wenn er der Polizei seine Fingerabdrücke geben würde, würde das bedeuten, dass er vielleicht eine Art “Verdächtiger” oder Zeuge oder Person von Interesse in einer Mordermittlung war. Diese Tatsache könnte wiederum seinen Aufenthaltsstatus in den Vereinigten Staaten gefährden. Er könnte z.B. verpflichtet werden, dem US-Außenministerium mitzuteilen, dass er eine Art Verdächtiger/Person von Interesse in einem Mordfall ist, und das Ministerium könnte Maßnahmen gegen ihn ergreifen, vielleicht indem sie ihn sogar abschiebt. Außerdem könnte es der diplomatischen Karriere seines Vaters schaden, wenn Söring in einer Mordermittlung zu einer Art Verdächtigen oder Person von Interesse wird.
Das Argument ergibt offenbar keinen Sinn, wie Gardner und Reid feststellten, aber Söring tat sein Bestes, um die Detektive zu überzeugen.
Sörings Äußerungen zur diplomatischen Immunität
Während der Diskussion über diese Themen machte Söring die folgenden Bemerkungen:
“Okay, das Außenministerium hat nun das Recht, mich schon wegen eines Strafzettels abzuschieben, das können sie tun, okay, und sie führen Akten über solche Dinge, so dass sie dich abschieben können, wenn du genug Dinge tust, die dem Außenministerium nicht gefallen.”
(“Okay, now the state department has the right to actually deport me for as much as like a speeding ticket, they can do that okay and they keep files on this sort of thing, so that if you do enough things which the state department doesn’t like, they will deport you okay.“) (S. 55)
“Im Moment glaube ich nicht, dass Sie denken, dass ich es getan habe [d.h. die Haysoms ermordet habe], nur weil ich ein Ausländer bin, okay. Ähm. Leider ist die diplomatische Immunität etwas, das, wie Sie wissen, leider schon lange vorbei ist, schätze ich.“
“Right now, I, I don’t think that y’all think you know I, I, did it [i.e., murdered the Haysoms], just because I’m a foreigner okay. Um. Unfortunately diplomatic immunity is something that you know that is long past, unfortunately, I guess..” (S. 84)
Was meint Söring mit der Bemerkung, die diplomatische Immunität sei “längst vorbei”?
Ein wenig Recherche klärt die Angelegenheit.
In den 1970er Jahren gab es in den USA zahlreiche öffentlichkeitswirksame Skandale um ausländische Diplomaten, die sich auf amerikanischem Boden Straftaten begingen und daraufhin diplomatische Immunität beanspruchten. Auch ich erinnere mich noch klar über die Berichterstattung von damals. Das Problem: Das Gesetz über diplomatische Immunität in den Vereinigten Staaten stammte – sage und schriebe – aus dem Jahr 1790! (22 U .S.C. §§ 252-54 (1976) (aufgehoben im Jahr 1978)). Das antike Gesetz sah gemäß den Rechtsvorstellungen von 1790 eine extrem weitreichende Immunität vor.
Im Jahr 1977 veranstaltete der Kongress öffentliche Anhörungen, um festzustellen, ob ein neues Gesetz erforderlich wäre. Ein Beitrag von 1978 in der Michigan Journal of Law Reform schilderte die Folgen:
Aufgrund der öffentlichen Kritik und der zunehmend angespannten Beziehungen zwischen den diplomatischen Vertretungen und den angrenzenden Gemeinden hat der Kongress vor kurzem ein Gesetz verabschiedet, das das Recht auf diplomatische Immunität in den USA grundlegend ändert. Mit diesem Gesetz wird die vollständige Immunität vor straf- und zivilrechtlichen Verfahren, die den meisten ausländischen Diplomaten und ihren Mitarbeitern gewährt wurde, aufgehoben….
Dieses neue Gesetz war das Diplomatic Relations Act of 1978, Pub. L. Nr. 95-393, § 7, 92 Stat. 809 (1978). Dieses Gesetz wurde nur ein Jahr nach der Ankunft von Jens Söring in den Vereinigten Staaten verabschiedet. Als Teenager war Jens Söring ein belesener, politikinteressierter Diplomatensohn. Es kann daher meiner Meinung nach ohne weiteres angenommen, dass Söring von diesem Gesetz wusste, das natürlich unmittelbare Auswirkungen für ihn und seine ganze Familie hatte.
Als Söring also zu Gardner und Reid sagte: “Leider ist die diplomatische Immunität etwas, das, wie Sie wissen, leider schon lange vorbei ist…”, bezog er sich – meiner Meinung nach, und aufgrund Sörings eigenen Aussagen und meinen umfangreichen Recherchen zu dem Fall – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das bahnbrechende Gesetze von 1978, das die diplomatische Immunität stark einschränkte und Immunität für jemanden in Sörings Lage (Sohn eines Vizekonsuls) und Verbrechen (Doppelmord) definitiv ausschloss.
Folglich ist Sörings erst bei seinem Mordprozess in 1990 geäußerte Behauptung, er hätte 1985 geglaubt, diplomatische Immunität zu genießen, nachweislich eine Lüge. Eine Lüge, die er nach wie vor bei fast jeder Gelegenheit wiederholt.
Söring fand es so “unglücklich” dass das Gesetz von 1978 jede Möglichkeit der Immunität für ihn ausschloss, dass er zweimal diesen Umstand mit einem “leider” quittierte. Ich denke, wir können uns alle vorstellen, warum er diese Meinung vertritt.